Am Samstag, 19. September 2020, wurde auf dem Campus des Uniklinikums Homburg die sechste „Oase
geschenkten Lebens“ eingeweiht.
Nach vier Gedenkstätten für Organspenderinnen und Organspender im Stadtgebiet von Saarbrücken und einer Gedenkstätte in St. Wendel gibt es mit dieser ersten Oase im
Saar-Pfalz-Kreis einen weiteren Ort, um Organspenderinnen, Organspender und deren Angehörige dankend zu ehren.
Die aus den beiden Elementen Stele und Ginkgobaum bestehende Oase findet man vor dem neuen
Hörsaal – und Bibliotheksgebäude, wo sie gut sichtbar ins Grün gebettet zudem alle Besucherinnen und Besucher zum Innehalten einlädt.
Die Initiative dazu stammt von der Arbeitsgemeinschaft „Infoteam Organspende Saar“ (IOS) der beiden Selbsthilfen „Junge Nierenkranke Deutschland e.V. und „Niere Saar e.V.“, die die Interessen der
Dialysepatienten und Nierentransplantierten im Saarland vertritt. In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie wurde das Konzept erarbeitet.
Bei der Einrichtung dieses Gedenkortes in Homburg waren neben der saarländischen
Landesregierung und „Niere Saar e.V. die Ärztekammer des Saarlandes, die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) sowie die Medizinische Fakultät der Universität des
Saarlandes als Projektpartner beteiligt.
An der Veranstaltung auf dem Uni Campus nahmen Angehörige von Organspenderinnen und Organspendern, Lebendspender, aber auch Transplantierte mit ihren Familien, Patienten auf der Warteliste sowie
Beschäftigte des Universitätsklinikums teil.
Vor dem Festakt fand in der Klinikkirche ein vom IOS gestalteter ökumenischer Dankgottesdienst statt, der von der evangelischen
Krankenhausseelsorgerin Esther Massar und ihrem katholischen Pendant Peter Vatter geleitet wurde.
Gleich zu Beginn lauschten die Teilnehmer tief berührt den Worten von Herzempfänger Günter
Hamann, die er in einem sogenannten Dankesbriefes ganz persönlich an die Spenderfamilie richtete:
„…Bis zu meinem letzten Tag, werde ich dieses Geschenk in Ehren halten und alles dafür tun, dass es sich in mir wohlfühlt.“
In ihrer gemeinsamen Ansprache (hier finden Sie die vollständige Ansprache als Download ) setzten sich Esther Massar und Peter Vatter sehr überzeugend mit dem Thema des Gottesdienstes
„Organspende-aus Liebe schenken“ auseinander.
Wie passt das Gebot der Nächstenliebe und Organspende zusammen?
Massar: „…Muss ich nicht, wenn ich mich als ein von Gott geliebter Mensch verstehe, diese Liebe auch an andere weitergeben?
Muss ich daher nicht meine Organe zur Verfügung stellen, wenn ich sie nach menschlichem Ermessen nicht mehr brauche?"
Vatter: „Musst du nicht! – Du darfst gar nicht müssen! Für Menschen, die mit deine Organen weiterleben, ist es ganz wichtig, dass sie wissen: Du hast diese Spende ganz freiwillig verfügt.
Du hast Dich dabei nicht unter Druck setzen lassen, auch nicht von einer Forderung nach Nächstenliebe – was auch immer man darunter verstehen mag…"
Organspende Ja oder Nein, das ist eine Frage, die jeder ganz persönlich für sich beantworten muss. Da gibt es kein richtig und kein falsch! Das Wichtigste ist, dass man sich entscheidet, so das einstimmige Resümee der beiden Prediger. In den sich anschließenden Fürbitten, begleitet von einer symbolischen Handlung, kamen Betroffene, Ärzte sowie Vertreter von DSO und Politik zu Wort. Nach jeder Bitte wurde eine kleine Kerze vor einem großen Herzen angezündet, das mit dem treffenden Zitat des belgischen, katholischen Ordensgeistlichen Phil Bosmans beschriftet war:
„Wer die Welt erwärmen will, muss ein großes Feuer in sich tragen“
Die Kollekte des Gottesdienstes kommt dem Homburger Projekt „Herzenswünsche“ (Wunscherfüllung für
palliativ erkrankte Patienten) zugute.
Dann ging es zu den Einweihungsfeierlichkeiten beim neu gebauten und zentral gelegenen
Hörsaal- und Bibliotheksgebäude. Für den passenden musikalischen Rahmen sorgte der Sänger Markus „Oku“ Okuesa, selbst Herzpatient, gemeinsam mit seiner Band „OQmanSolo“ mit drei eigens
geschriebenen Songs.
Mit dem ersten Titel „Herz zu verschenken“ nahm er sofort alle
vor Ort Versammelten emotional mit und ließ mit den letzten Textzeilen: „…und du siehst wie sie leidet und du siehst wie sie wartet und wartet und wartet und wartet und wartet“, die ganze Angst
und Verzweiflung in der Hoffnung auf ein Spenderorgan spürbar werden.
Der Vorsitzende des Vereins „Niere Saar e.V.“ Klaus Schmitt begrüßte drauf alle
Anwesenden und bedankte sich insbesondere bei dem Dekan der Medizinischen Fakultät des Saarlandes, Prof. Dr. Michael Menger, der sowohl den Platz zur Verfügung gestellt als auch die Kosten für
die Gedenkstätte übernommen hatte.
„Gerade im Bereich der Entwicklung einer Dankeskultur für Organspender und ihre Familien haben
wir ein immenses Potential in Deutschland. Unser Wunsch ist es deshalb, dass in jedem saarländischen Landkreis eine solche Oase
ihren Platz findet“, so Schmitt.Die Gesundheitsministerin des Saarlandes, Monika Bachmann (CDU) , versprach mit Blick auf Sänger
„Oku“ und der Hand auf dem Herzen, dafür zu werben,
dass die Leute sagen: „ich habe ein Organ zu verschenken.“
In Umfragen würde sich zwar ein hoher Prozentsatz für Organspende aussprechen, doch nicht jeder dieser Menschen habe einen
Organspendeausweis, so die Ministerin.
Dekan Prof. Dr. Michael Menger betonte in seinem Grußwort, dass die Oase hier vor dem Hörsaalgebäude gut und zentral für alle Menschen
erreichbar sei, die diesen Gedenkort besuchen möchten – für Familien von Spendern, für Transplantierte, für medizinisches Personal und für alle, die sich an die Menschen erinnern möchten, die mit
ihrer Spende Leben geschenkt haben. „Dieses selbstlose Handeln möchten wir wertschätzen und ehren und dies auch unseren Studierenden als Medizinerinnen und Mediziner der Zukunft vermitteln“, so
Menger wörtlich.
Der Präsident der saarländischen Ärztekammer
Dr. Joseph Mischo (Schirmherr des IOS 2020/21) betonte, dass es wichtig sei, dass jeder Mensch eine Entscheidung zur Organspende treffe. Auch ein „Nein“ sei dabei zu akzeptieren.
Für das Projekt „Oase geschenkten Lebens“ sagte er von Seiten der Ärztekammer auch künftig Unterstützung zu und gab seinem Wunsch
Ausdruck, noch viele solcher Gedenkstätten im Saarland etablieren zu können.
Nach weiteren Ansprachen von Prof. Dr. Urban Sester (Leiter des Transplantationszentrums am UKS), Prof. Dr. Ralf Ketter
(Inhousekoordinator Organ-und Gewebespende am UKS) und
Anne-Bärbel Blaes-Eise (DSO) zog „Oku“ mit seinem Song „Hurricane“ die
Zuhörerschaft erneut in seinen Bann.
Dann ließen alle Redner ihren Worten Taten folgen. Nach der symbolischen Pflanzung des Ginkgobaumes enthüllte Lebendspenderin Hanna Schmitt (IOS, Beirat für Organspende im Vorstand Niere Saar) gemeinsam mit Erich Russy (Lebendspender), der eine erkrankte Angehörige vertrat, die Stele.
„Das Leben ist kostbar, sowas von kostbar…“, treffender als mit diesen ersten Zeilen des letzten Oku-Songs „Ich will für dich fighten“ hätte man die Feierlichkeiten nicht beschließen können!
Dank eines kreativen Hygienekonzepts des UKS-Transplantationsbüros (große Stoffherzen auf dem Boden als Orientierung beim Abstandhalten) war es möglich, auch in der aktuellen Corona-Situation wie
gewohnt die Veranstaltung bei einem kleinen Umtrunk ausklingen zu lassen.
Hanna Schmitt